In meinem Projekt „Fließtextgeschichten: Intuitivliteratur und Typographie“ geht es, kurz gesagt, um intuitive, unmittelbare Gedankenflüsse, in Form von Texten, die zu großformatigen Bildern werden. Alle Bilder enstanden in meditativer Fleißarbeit an meinem Küchentisch. Die Bilder haben ein Format von 70 cm x 100 cm und sind gerahmt. Die verwendeten Materialien sind 9 mm DYMO-Prägeband auf Kapa-Platten.
Das „freischnauze“ Schreiben, der Blick auf unmittelbare, intuitive Gedanken sind Inhalte der von mir verfassten Fließtexte. Die Ergebnisse sind mit Ironie, Humor aber auch Tiefgang zu betrachten. Typographisches Element sind DYMO-Prägebänder, die Texte zu Bildern werden lassen.
In meinem Beruf als Grafik- und Kommunikationsdesignerin gehören Fließtexte bzw. Blindtexte zum täglich Brot. Als Platzhalter für noch nicht konkrete Inhalte einer Publikation kommen sie früher oder später immer mal wieder zum Einsatz. Da ich es persönlich verabscheue, vorgefertigte Blindtexte à la „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern.“ oder „The quick brown fox jumps over the lazy dog.“, habe ich die Angewohnheit, die Texte selber zu verfassen. Mit der Zeit kommt dann klammheimlich so einiges an Material zusammen. Irgendwann stolperte ich beim Öffnen eines Dokuments über einen solchen Fließtext. Ich stellte fest, dass der Text nicht nur humorvoll ist sondern auch einen gewissen Tiefgang besitzt. Also durchforstete ich meine gespeicherten Dokumente und siehe da, es war nicht der einzige Text den ich fand.
Ich begann über meinen persönlichen Prozess des Fließtextschreibens nachzudenken. Und mir wurde klar, dass ich in dem Moment des Schreibens keine großen Gedanken an den Inhalt verschwende. Sondern „freischnauze“ niederschreibe was mir gerade in den Kopf kommt: Intuitive Gedankengänge! Unbeeinflußt von Kopfzerbrechen oder Rezension. Dieser Vorgang macht die Texte, in Verbindung mit den humoristischen, ironischen, teilweise kritischen Inhalten, zu einem interessanten Produkt. Der unverhüllte Blick in meinen Kopf, zu einem Zeitpunkt, angetrieben durch die Forderung eines schnellen Ergebnis, intuitiver, geistiger Aktion.
So enstanden sieben Bilder. Sie zeigen die Verbindung zwischen dem manuellen, geistigen Entstehungsprozess der Fließtexte und dem Einsatz von Typographie als Multiplikator der Inhalte und der Intention. Das Projekt ist die Darstellung aus Blindtext bestehenden, intuitiv geschriebenen Kurzgeschichten in Form von Fließtexten. Typographisch gestaltet mit der manuellen DYMO-Technik, in Wort und Bild.
Ich wollte, in Anlehnung an die Entstehung meiner Texte, eine typographische Lösung für meine Bilder finden, die sich zwischen der ursprünglichen Entstehung von Schrift (manueller Bleisatz) und der Gegenwärtigen (Computer-Software) bewegt. So definierte ich die manuelle DYMO-Technik für mich. Die Idee die DYMO-Technik als typographisches Element zu nutzen ist einfach. DYMO-Technik ist ein Zwischenschritt aus handwerklicher Fertigung und Technik. Sie symbolisiert die manuelle, geistige Entstehung der Texte und gleichzeitig den Begriff der Typographie. Nicht zuletzt sind Texte in gewisser Weise ein abstraktes Produkt und werden allein durch das Gehirn generierte Bilder greifbar. Eine real erlebbare Physis entsteht nicht. Die DYMO-Technik erreicht dies ein Stück weit, da durch die Prägung jedes einzelnen Buchstabens eine individuelle Haptik erzeugt wird. So können die Bilder und Texte zumindest gespürt werden.
Alle Texte sind Kurzgeschichten. Sie bestehen meist aus nicht mehr als 10 Sätzen. Große Piktogramme liefern als symbolhafte Darstellungen eine ironische Quintessenz der Geschichten.
Während des Fertigungsprozesses stellte ich fest, je öfter ich den gleichen Text wiederholte, desto mehr Interpretationsmöglichkeiten boten sich an. Sie konnten sich von meinen ersten, unmittelbaren Gedanken stark unterscheiden. Die aus der einfachen Wiederholung entstehende Gedankendynamik gibt den Bildern etwas sehr Lebendiges und macht sie zu mehr als plakativem Wandschmuck.